Neues Kaufrecht 2022
Ihr Rechtsanwalt für Vertragsrecht in Magdeburg

 

Zum 01.01.2022 tritt nach fast 20 Jahren Bestand ein neues Kaufrecht in Kraft. Es setzt europäisches Recht in Deutschland um, betrifft viele Unternehmen auch in der Region Magdeburg und implementiert nunmehr auch digitale Produkte in bestehendes Recht. Dies kann Änderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erforderlich machen, welche durch Anwälte für Vertragsrecht unbedingt geprüft werden sollten.

Die wichtigsten Änderungen in Stichpunkten vorweg:

  • der Begriff des „Sachmangels“ wird präzisiert und zu Lasten des Verkäufers verschärft
  • die Beweislast zum Vorliegen eines Sachmangels wird zu Lasten des Verkäufers gegenüber Verbrauchern auf ein Jahr verlängert
  • die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nacherfüllung sind verschärft worden
  • entlang der Lieferkette besteht ein Recht auf Schadensersatz für die Aufwendungen zur Sachmangelbeseitigung
  • in das Gesetz wird die Definition und der Umgang mit Mängeln an digitalen Produkten aufgenommen
  • die Voraussetzungen einer „Garantie“ werden gesetzlich präzisiert

 

Kaufrecht

Der Sachmangelbegriff im Kaufrecht 2022

Begriff des „Sachmangels

nach der Gesetzesänderung ist eine Sache dann mangelfrei, wenn sie:

  • subjektiven Anforderungen
  • objektiven Anforderungen
  • und den Motageanforderungen des Gesetzes

entspricht.

Was sind die subjektiven Anforderungen? (neue Spielregeln)

Die subjektiven Anforderungen sind erfüllt, wenn die Sache

  • die vereinbarte Beschaffenheit (Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereibart haben) hat
  • sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet
  • mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird

Was sind die objektiven Anforderungen? (weitestgehend alte Spielregeln neu verpackt)

Unter den objektiven Anforderungen versteht man eine Sache, welche

  • sich für die gewöhnliche Verwendung eignet
  • eine Beschaffenheit (Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit) aufweist, die bei Sachen der selben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann (hier insbesondere unter Berücksichtigung der Werbung und der Etiketten der Sache
  • der Beschaffenheit einer Probe oder eines Muster entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer bei Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat
  • mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann

Wann sind die Montageanforderungen erfüllt?

Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

  • sachgemäß durchgeführt worden ist
  • zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

Verlängerung der Beweislast im Kaufrecht 2022

Was ändert sich bei der Beweislast?

Unter Beweislast versteht man die Pflicht zum Nachweis des Vorliegens eines Mangels und des Zeitpunkts, wann der Mangel vorhanden war.

Grundsätzlich galt, dass innerhalb des ersten halben Jahres nach Kauf einer Sache, zu Gunsten des Käufers, dass der Mangel immer schon bei Kauf vorhanden war. Der Verkäufer konnte dann seinerseits nachweisen, dass dies eben nicht so gewesen ist, sondern der Mangel durch Verschulden des Käufers ert nach Kauf entstanden war. Diesen Gegenbeweis zu erbingen ist für den Verkäufer meist schwierig. Der Gesetzgeber hat diese Frist jetzt auf ein volles Jahr verlängert.

Nacherfüllung verschärft

Schon immer galt, dass der Käufer im Falle eines Sachmangels das Recht zur Wahl zwischen Neulieferung und Reparatur hatte. Der Verkäufer konnte nur bei Vorliegen besonderer Umstände von diesem Auswahlrecht des Käufers Ausnahmen machen. Dieses Recht besteht auch weiter fort.

Der Gesetzgeber hat jedoch strengere gesetzliche Regelungen geschaffen, unter welchen Umständen eine ordnungsgemäße Nacherfüllung vorliegt. Dies sind insbesondere:

  • Nacherfüllung hat innerhalb einer angemessenen Frist zu erfolgen
  • ohne erhebliche Unnahmlichkeiten für den Verbraucher
  • hierbei ist die Art der Ware sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Ware benötigt, zu berücksichtigen

Diese Punkte stellen eine deutliche Verschärfung des Nachbesserungsrechts dar. Zum einen wird ein Streitpunkt bereits dadurch erföffnet, dass „erhebliche Unannehmlichekiten“ als unbestimmter Rechtsbegriff der Auslegung bedürfen und sicher für Jeden etwas anderes darstellen. Zum Anderen wird der Zweck des Kaufs und damit das Motiv des Geschäfts, rechtlich relevant. Dies war vorher nicht so.

digitale Produkte

Zusätzlich zum o.g. gelten für Produkte, welche nur zusammen mit, oder allein aus digitalen Inhalten bestehen, die nachfolgenden Regelungen:

Eine Sache mit digitalen Elementen ist eine Sache, die in einer solchen Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthält oder mit ihnen verbunden ist, dass sie ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder
digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen kann. Beim Kauf einer Sache mit digitalen Elementen ist im Zweifel anzunehmen, dass die Verpflichtung des Unternehmers die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen umfasst.

Dies bedeutet zum Beispiel, dass ein Fernseher nur dann mangelfrei ist, wenn er nicht nur ein Bild wiedergibt, sondern seine Software auch mangelfrei alle anderen geschuldeten Funktionen ermöglicht. Dies muss er zudem für die gesamte geschuldete Zeit tun.

Die digitale Sache ist frei von Sachmängeln, wenn

  • o.g. subjektive und objektive Anforderungen erfüllt, sowie den Montage- und Installationsanforderungen entspricht
  • zusätzlich der Käufer Updates erhält, die die Funktionsfähigkeit der Sache in vertragsgemäßen Zustand sicherstellt und der Verbraucher hierüber auch in Kenntnis gesetzt wird
  • o.g. Pflichten bestehen mindestens für 2 Jahre ab dem Zeitpunkt der Ablieferung der Sache
  • ist eine längere Bereitstellungszeit vereinbart, gilt dies für diesen längeren Zeitraum

Rücktritt und Schadensersatz

Auch die Regelungen für den Rücktritt vom Vertrag wegen Schlecht- oder Nichtleistung sind angepasst worden. So bedarf es beispielsweise für den Rücktritt einer bestimmten Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht, wenn

  1. der Unternehmer die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist, ab dem Zeitpunkt, zu dem
    der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, nicht vorgenommen hat,
  2. sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt,
  3. der Mangel derart schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt gerechtfertigt ist,
  4. der Unternehmer die ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert hat oder
  5. es nach den Umständen offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht ordnungsgemäß nacherfüllen wird.

Auch Schadensersatz kann unter Verzicht einer Fristsetzung unter den genannten Voraussetzungen verlangt werden.

Auswirkungen des Kaufrechts 2022 auf AGB’s/ Werbung

In vielen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind Regelungen zu

  • Beweislast,
  • Mangelbeseitigung,
  • den Fristen (Meldungen, Ausführungsfristen, usw.)
  • Mitteilungspflichten
  • Rücktritt und Schadensersatz

enthalten. Diese müssen zwingend geprüft und ggfls. angepasst werden. Zusätzlich sollten Definitionen und Regelungen geschaffen werden, welche die „erheblichen Unanehmlichkeiten“ präzisieren, bzw. abmildern.

Zudem müssen eventuell weitergehende Regelungen zu den digitalen Produkten geschaffen werden. Gerade in Branchen, in denen digitale Elemente Hauptbestandteil oder wesentlicher Bestandteil der zu erbringenden Leistung sind, ist Handlungsbedarf gegeben.

Nicht zuletzt sollten auch Werbeaussagen kritisch geprüft und angepasst werden. Diese sind Grundlage der objektiven Anforderungen einer Sache und können schnell zu Verpflichtungen der Hersteller oder Händler führen.

Hilfe durch Anwalt für Vertragsrecht in Magdeburg

Ich unterstütze Sie gern bei der Prüfung Ihrer vertraglichen Unterlagen. Hierzu gehören neben den eigentlichen Verträgen natürlich auch allgemeine Geschäftsbedingungen oder Lieferbedingungen. Ich informiere und schule Unternehmen über die Änderungen des neuen Kaufrechts und erkläre, wie die Änderungen des Gesetzes praktisch umsetzbar sind.

 

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